|
SCHMERZEN
Schmerz hat eine Signal- und Warnfunktion. Er entsteht immer dann, wenn durch verschiedenste Einflüsse (Hitze, Kälte, Verletzungen, Durchblutungsstörungen, Giftstoffe u. a.) eine Schädigung des Körpers droht oder bereits eingetreten ist. An die Schmerzempfindung und -verarbeitung sind Schutz- und Abwehrreflexe gekoppelt.
Welche Arten von Schmerzen gibt es?
Nach dem Entstehungsort unterscheidet man
- somatische (körperliche) und
- viszerale (Eingeweide-) Schmerzen.
Erstere unterteilt man in den Oberflächenschmerz (Hautschmerz) mit stechendem, hellem Schmerzcharakter (z. B. Nadelstiche, Verbrennungen) und den Tiefenschmerz (Muskel-, Knochen- und Bindegewebsschmerzen) mit dumpferem, bohrendem und nicht so genau lokalisierbarem Charakter (z. B. Kopfschmerzen, Muskelkrämpfe, Gelenksschmerzen bei Rheuma und nach Verletzungen).
Viszerale Schmerzen entstehen z. B. durch Dehnung oder Krämpfe von inneren Organen wie Darm oder Blase oder durch Durchblutungsstörungen (z. B. Herzkrämpfe).
Nach der Dauer unterscheidet man
- akute, plötzlich auftretende und
- chronische, entweder lang andauernde oder immer wiederkehrende Schmerzen.
Wieso sollen Schmerzen behandelt werden?
Wenn Schmerzen Ihre Funktion erfüllt haben und auf eine Krankheit oder eine andere Schädigung aufmerksam gemacht haben, und als Reaktion darauf entsprechende Gegenmaßnahmen oder Behandlungen eingeleitet wurden, ist ihr weiteres Bestehen nicht mehr zweckmäßig.
Neben der Beeinträchtigung des Wohlbefindens und einer Einschränkung der Lebensqualität - dies kann vor allem bei chronischen Schmerzen Verzweiflung und Depressionen auslösen - führen unbehandelte Schmerzen auch zu unerwünschten körperlichen Reaktionen:
Sie verstärken z. B. Verspannungen der Muskulatur, was wiederum zu einer Zunahme der Schmerzen führen kann (u. a. bei Rückenschmerzen), auch die Freisetzung von bestimmten Botenstoffen im Rahmen einer Stressreaktion verstärkt den Schmerz.
Je länger Schmerzen bestehen, desto schwieriger wird es, sie zu behandeln. Die Schmerzschwelle sinkt und es können auch normalerweise nicht schmerzhafte Reize, wie etwa leichte Berührungen, als Schmerz empfunden werden.
Besonders chronische Schmerzen stehen oft in keinem Zusammenhang mehr mit der ursprünglichen Organ- oder Gewebsschädigung, sie können sich "verselbstständigt" haben. In solchen Fällen spricht man auch von der Schmerzkrankheit.
Schmerzmedikamente (Analgetika)
Es gibt drei große Gruppen von Schmerzmitteln:
- so genannte periphere Analgetika, zu denen die meisten Kopfschmerz- und Rheumamittel gehören
- opiatähnliche Substanzen (schwache Opioide) und
- Opiate (starke Opioide).
Bei akuten Schmerzen erfolgt eine zeitlich begrenzte Behandlung.
Die Wahl des Medikamentes richtet sich in erster Linie nach der Intensität der Schmerzen. Kombinationspräparate können sinnvoll sein. Eine mögliches Abhängigkeitspotenzial der Medikamente spielt dabei aufgrund der kurzen Anwendungsdauer keine Rolle.
Auch frei verkäufliche Schmerzmittel können bei Einnahme über einen längeren Zeitraum schwere Organschäden verursachen, daher sind bei häufiger oder regelmäßiger Einnahme Laborkontrollen zu empfehlen.
Bei chronischen Schmerzen muss eine längerfristige Behandlung geplant werden. Dabei sind neben den möglichen Nebenwirkungen auch eventuelle Wirkungsbeeinflussungen mit anderen Medikamenten zu berücksichtigen. Einige der stark wirksamen Schmerzmittel können bei langfristiger Einnahme zu Medikamentenabhängigkeiten führen.
Prinzipiell gilt bei der Behandlung chronischer Schmerzen:
- Ziel ist die Schmerzlinderung, im Idealfall die Schmerzfreiheit des Patienten.
- Sowohl das geeignete Medikament als auch die Dosis müssen individuell angepasst werden.
- Die Medikamente müssen regelmäßig eingenommen werden, nicht nur bei Bedarf.
- Die Medikamente sollen nicht als Spritzen sondern als Tabletten, Sprays, Pflaster etc. verabreicht werden.
- Kombinationspräparate sollen nicht zum Einsatz kommen.
- Opioide sollen in Langzeitformen (Retardpräparate) eingenommen werden, weil es dann keine so genannten "Wirkstoffspitzen" gibt, die bei der Entstehung einer Opiatsucht eine wesentliche Rolle spielen.
Gefahren der medikamentösen Schmerzbehandlung
- Medikamentenabhängigkeit: Sowohl schwache - nicht als "Suchtgift" deklarierte - als auch starke Opioide können bei langfristiger Einnahme zu einer Medikamentenabhängigkeit führen. Dabei handelt es sich vor allem um eine körperliche Gewöhnung, eine echte Abhängigkeit ist selten. Sollte ein Absetzen des Medikamentes geplant werden, kann dies nur sehr langsam und schrittweise erfolgen. Patienten mit Rückenschmerzen nehmen als Ergänzung zur eigentlichen Schmerzbehandlung häufig Benzodiazepine zur Muskelentspannung ein, diese können auch in geringer Dosierung zu Sucht und Abhängigkeit führen.
- Organschäden: Viele der peripheren Analgetika können bei langfristiger Einnahme zu Organschäden führen. Je nach Substanz sind davon vor allem die Niere, die Leber und das Knochenmark betroffen. Säurehaltige Mittel können auch die Magenschleimhaut schädigen und Magengeschwüre verursachen.
- Medikamentenverursachter Kopfschmerz: Bei häufiger Einnahme (mehr als 10 Tage / Monat) von peripheren Analgetika besteht eine große Gefahr, chronischen Kopfschmerz (Analgetikakopfschmerz) zu entwickeln.
Ergänzende Maßnahmen
Chronische Schmerzen stellen - unabhängig von der Ursache - eine große Belastung für die Betroffenen dar und nicht selten kommt es zusätzlich zu depressiven Verstimmungen.
Daher ist in vielen Fällen eine psychologische Begleitung notwendig, um das Wohlbefinden der Betroffenen zu gewährleisten.
Hilfreich sind oft auch Entspannungsverfahren wie die progressive Muskelrelaxation nach Jacobson, Hypnoseverfahren und Verhaltenstherapie.
Auch physikalische Maßnahmen wie Bestrahlungen, Massagen und Bewegungsübungen können in speziellen Fällen zu einer Besserung beitragen.
Bitte beachte, dass diese Informationen keinesfalls einen Besuch beim Arzt/Ärztin ersetzen können und sollen. Wende dich bitte bei Fragen in jedem Fall an ärztliches Fachpersonal.
Autor: Dr. Christian Rous
|
|